Die „Europäische Fuggerstraße“

Spuren eines Augsburger Montankonzerns in Tirol und in der Slowakei


Von Martin Kluger


Die Zentrale eines Montankonzerns in Schwaben? Eines Wirtschaftsimperiums, das mit ein bisschen Gold und sehr viel mehr Silber, vor allem jedoch mit Kupfer, Blei und Quecksilber zum marktbeherrschenden Metallunternehmen Europas mit globalen Geschäftsinteressen aufsteigt und ganz nebenher noch mit Zinn und Eisen ein legendäres Vermögen macht? Das nicht nur tausende Bergarbeiter und teils auch deren Familien Erzgruben zwischen Spanien und der Slowakei ausbeuten lässt, sondern auch Schmelzhütten betreibt, in ihren Hüttenwerken Legierungen wie Bronze und Messing herstellt und schließlich Halbfertig- sowie Fertigwaren produziert, die am Ende auf vier Kontinenten vertrieben werden? Heute kaum denkbar – im reichen Augsburg des 16. Jahrhunderts Realität.

 

In der von allen Erzabbaustätten so weit entfernten schwäbischen Stadt am Lech wurden Jakob Fugger und seine Nachfolger mit der Ausbeute von Erzgruben und mit Hüttenwerken in sieben Ländern des heutigen Europas – in Österreich ebenso wie in Italien, in der Slowakei, in Tschechien, Polen und Spanien sowie in Deutschland – legendär reich. Was um 1490 in kleinem Umfang mit dem Einstieg in den Gold- und Silberbergbau im Salzburger Land begann, endete erst im Jahr 1660 mit der Aufgabe letzter Bleigruben im heutigen Bad Bleiberg in Kärnten beziehungsweise 1663 mit der Abtretung letzter Grubenanteile am Schneeberg bei Sterzing. (1) Die Fugger waren also nicht nur die kunstsinnigen und baulustigen „deutschen Medici“, Mäzene und solvente Stifter (zum Beispiel der Fuggerei), sie waren vor allem die „Krupps der Frühen Neuzeit“.

 

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1521 stiftete Jakob Fugger "der Reiche" die Fuggerei, heute die älteste bestehende Sozialsiedlung der Welt. Die Fugger waren jedoch nicht nur Stifter und Mäzene, sondern vor allem die "Krupps der Frühen Neuzeit".
Foto: Martin Kluger/context verlag Augsburg


Doch was heutzutage das Bild der Fugger ausmacht, sind neben der Fuggerei, der heute ältesten Sozialsiedlung der Welt, insbesondere die mit der Montanwirtschaft verbundenen Finanzgeschäfte mit jenen kaiserlichen und königlichen Landesherren, die Inhaber des jeweiligen Bergregals – also der Schürfrechte – waren und die ihre schwere Hand auf die so dringend benötigten Münzmetalle Gold und Silber legten, wo immer das möglich war. Dieser Teil des Business sowie die von zahlreichen Publikationen „gefütterte“ Vorstellung von am Webstuhl sitzenden frühen Fuggern, von exotischen Gewürzgeschäften und von reformationsförderndem Ablasshandel prägen das Image Jakob Fuggers „des Reichen“, seines Neffen Anton Fugger sowie späterer Fugger bis heute weit stärker als das vergleichsweise „normale“, aber tatsächlich gewinnbringende Tagesgeschäft ihrer Zeit.

 

Die historische Realität ist eben ziemlich komplex, und nicht selten führte auch der Zufall Regie. Jakob Fugger „der Reiche“ war zwar nämlich mit Sicherheit ein großartiger Manager, und ganz bestimmt war sein Nachfolger Anton Fugger ein umsichtiger Konzernlenker, dessen Nachkommen auch nicht bloß (wie so oft behauptet) kaufmännisch desinteressierte Epigonen waren. Doch bei aller Cleverness Jakob Fuggers „des Reichen“ sowie seiner für den Aufstieg mitverantwortlichen – in diesem Punkt wohl meist unterschätzten – Brüder Ulrich und Georg muss festgehalten werden: Die Fugger waren einerseits nicht allein wegen in ihrer „Goldenen Schreibstube“ zu Augsburg stringent durchdachter Aufstiegsstrategien derart erfolgreich. Und andererseits konnten die Fugger des 17. Jahrhunderts aber auch wenig für den Niedergang ihres rund 170 Jahre lang bestehenden Montankonzerns: Dafür waren vielmehr das Ende des „Bergsegens“ in den erschöpften Erzgruben in den Alpen und Karpaten sowie die politischen Wirren und militärischen Verwüstungen während der großen Religionskriege in Deutschland – im Schmalkaldschen Krieg, durch den Fürstenaufstand und schließlich im Dreißigjährigen Krieg – verantwortlich.

 

Das unternehmerische Können der Schwaben traf nämlich auf eine Vorgeschichte und auf noch in der Zukunft liegende Zufälle, die kein Fugger beeinflussen konnte: So konnten die Fugger mit Sicherheit nichts für die große Pestwelle, die Mitte des 14. Jahrhunderts nicht nur die Bevölkerung Europas um ein Drittel, sondern auch die Reihen der Bergarbeiter dezimierte. Sie konnten nichts für die durch den „Schwarzen Tod“ und das große Sterben veränderten finanziellen Rahmenbedingungen im Bergbau. Danach stiegen nämlich die Lohnkosten bei so kostenträchtigen Vorleistungen wie dem Bau von Entwässerungsstollen. Diese Maßnahme war ebenso eine Investition ohne umgehenden Rendite wie der Bau von Hebewerken zur Wasserhaltung: Doch ohne diese kostspieligen Maschinen wären die während der Pestjahre vollgelaufenen Gruben in größerer Teufe (Tiefe) nicht mehr zu sümpfen gewesen, weil die Arbeiter dafür fehlten beziehungsweise die herkömmlichen Entwässerungsmethoden per Schöpfeimer, Hand und Haspel noch teurer gekommen wären. Die Fugger waren auch nicht dafür verantwortlich, dass neue Verhüttungstechniken die Montanwirtschaft ebenso veränderten wie die Entdeckung der Seehandelsrouten nach Amerika (1492) und Indien (1498). Neue Faktoren wie die Verbesserung der diversen Verfahren zur Metallscheidung, der immer weiter gespannten Transporte zu Land und zu Wasser sowie die nunmehr auch überseeische Distribution erforderten zum Ende des 15. Jahrhunderts eine wesentlich umfassendere Vorfinanzierung, wie sie kleinere heimische Grubenbesitzer (Gewerken) nicht mehr bewerkstelligen konnten. Die Ära finanzkräftiger Kapitalgesellschaften begann. Sie drängten die heimischen Gewerken aus dem Geschäft. Doch ohne die von Martin Luther bald so heftig kritisierten Augsburger und Nürnberger Oligopolisten vom Schlage der Fugger, Welser und Hoechstetter, Paumgartner und Imhoff wäre der mitteleuropäische Bergbau damals wohl mehr oder weniger zusammengebrochen.

 

Jakob Fugger und Co. spielten also gleich mehrere Umwälzungen in die Karten: Aufgrund ihrer Kapitalkraft konnten sie mühelos die finanzschwachen heimischen Gewerken – die bisherigen, bald bei den ausländischen Kreditgebern verschuldeten Anteilseigner an den Erzgruben – aus dem Geschäft drängen. Sie fanden fähige Partner wie die Thurzo, die innovative Verhüttungstechniken einbrachten. Und vor allem stießen sie auf einen nach Silber gierenden Markt: Die eminente Nachfrage nach diesem Münzmetall machte den Abbau des mit Silbererz vergesellschafteten Kupfererzes zunächst wirtschaftlich überhaupt erst wirklich attraktiv. Doch ausgerechnet das zuvor eher gering geschätzte Nebenprodukt Kupfer machte die schwäbische Firma schließlich zum Global Player: Weil die Herrscherhäuser Europas ihre Artillerie mit aus Bronze gegossenen Geschützen ausbauten. Weil der Bau der Handels- und Kriegsschiffe der Portugiesen und Spanier im Zeitalter des Kolonialismus nach immer mehr Kupfer verlangte. Weil 1505/06 der überseeische Indienhandel Fahrt aufnahm und der indische Markt vor allem nach einer Ware verlangte – nach Kupfer, Kupfer und noch mehr Kupfer. Weil portugiesische Händler beispielsweise allein in der kurzen Zeitspanne zwischen 1504 und 1507 rund 300.000 kupferne Armreifen – die sogenannten Manillas – als Primitivgeld für den Handel mit Sklaven in Westafrika einführten. Weil man in Europa damit begann, Kirchen und Häuser mit Kupfer zu decken. Weil der technische Fortschritt es seit der Zeit um 1520/30 ermöglichte, Bronzefiguren für Kirchen (wie die „Schwarzen Mander“ für das Grabmal Kaiser Maximilians I. in der Hofkirche in Innsbruck) und Paläste, aber auch für die Brunnen reicher Städte wie Florenz und Bologna, München, Nürnberg und Augsburg in Lebensgröße zu gießen. Für all dies benötigte man jenes Kupfer, dessen sich die Fugger ab 1496 in und bei Neusohl in Oberungarn (heute Slowakei) sowie ab 1522/24 auch in Schwaz in Tirol – also in den beiden ertragreichsten Abbaustätten von silberhaltigem Kupfererz in Mitteleuropa – bemächtigt hatten. Sie kontrollierten damit rund 80 Prozent der europäischen Kupferproduktion (38,5 Prozent waren damals Kupfer aus den deutschen Bergbaustädten in der heutigen Slowakei, 40,5 Prozent machte das Kupfer aus dem Alpenraum aus, den die Fugger ebenfalls dominierten). Bei lediglich 20 Prozent lag der Marktanteil von Mansfelder Kupfer, auf das die Fugger keinen Zugriff hatten. (2)

 

Das silberhaltige oberungarische Kupfererz war für die Fugger wohl noch gewinnträchtiger als das später auch in Tirol abgebaute Erz, weil das 1496 erteilte Privileg des Königs von Ungarn den ungehinderten Export des bei Neusohl produzierten Silbers erlaubte. Erseigert wurde dieses Silber bis 1546 auch in Moschnitz (slowakisch: Moštenica) nahe Neusohl. Zwei weitere große Verhüttungszentren der Fugger lagen auf dem Gebiet von Klöstern, wo die Fugger ebenfalls vor dem Zugriff silbergieriger Landesherren sicher waren. In den dortigen Seigerhütten – in der Fuggerau auf dem Terrain des Klosters Arnoldstein bei Gailitz nahe Villach (bis 1504) sowie im thüringischen Hohenkirchen und damit auf Grund und Boden des Klosters St. Georgenthal (bis 1536) – wurde ungeseigertes Kupfer aus Oberungarn verarbeitet. (2) Roherz, Halbfertigwaren und Endprodukte wurden mit Saumpferden und auf der Achse sowie (wo immer möglich) auf Flößen und Schiffen – auf dem Inn und auf der Weichsel, auf der Donau, der Elbe und der Etsch, über die Ostsee und die Nordsee – transportiert. Breslau und Leipzig, Nürnberg und Venedig, Antwerpen und Amsterdam, Lissabon und Sevilla waren die bedeutendsten Distributionszentren des Augsburger Konzerns. Viele Transporte der Fugger endeten in Antwerpen und Venedig. Kupfer aus Neusohl und Schwaz wurde von portugiesischen Seefahrern in Antwerpen übernommen und als Handelsware bis nach West- wie Ostafrika und Ostindien verschifft. Kupferne Gossenkugeln mit der Handelsmarke der Fugger – Dreizack und Ring – finden Unterwasserarchäologen bis heute in Schiffswracks vor den Küsten Afrikas. Venezianer verfrachteten Fugger’sches Kupfer über die Adria und auf dem Mittelmeer.

 

Durch die Fugger-Thurzo-Gesellschaft sowie nach dem Ausscheiden der Thurzo aus der Gesellschaft im Jahr 1526 durch die Fuggerfirma allein wurde zwischen 1496 und 1546 Silber im Marktwert von beinahe drei Millionen Gulden erseigert. (4) Selbst wenn von diesem Betrag die Finanzierungs-, Personal-, Gestehungs- und Distributionskosten abzuziehen sind, machte sich das kalkulatorische Wagnis mehr als bezahlt. Zur Relation: Als Jakob Fugger mit Kaufbrief vom 27. Juli 1507 die Grafschaft und das Schloss Kirchberg mit der Vogtei des Klosters Wiblingen, den Herrschaften Weißenhorn, Pfaffenhofen und Wullenstetten erwarb, hatte er dafür gerade mal 50.000 Gulden aufzubringen. (5)

 

Ab 2019 führt eine neue Kulturreiseroute – die „Europäische Fuggerstraße“ – mit der Fuggerstadt Augsburg im Zentrum zu ehemaligen Bergbaustandorten und Verhüttungszentren des Fugger’schen Montanimperiums: Tiroler Bergbaustädte – im heutigen Österreich wie im heutigen Italien – sind dabei ebenso Ziele wie die vormals deutschen Bergstädte in der heutigen Mittelslowakei. Neben der Funktion als Reiseroute dient diese „Fuggerstraße“ auch dem Austausch von Informationen und Forschungsergebnissen. Neue Erkenntnisse werden ausgetauscht oder auch bei gegenseitigen Besuchen von Delegationen aus den einzelnen „Fuggerstädten“ in der jeweiligen Partnerstadt an bislang teils wenig beachteten oder zuvor unerforschten Orten gewonnen. So dürfte es sich zum Beispiel bei dem Bildnis des sogenannten „Schatztruhenhüters“ auf dem Gemälde der „Anbetung Jesu“ im Kreuzgang der Franziskanerklosterkirche in Schwaz (6) wohl um eine bislang unbekannte Darstellung Anton Fuggers handeln. 1546 – während des Schmalkaldischen Krieges – hatte Anton Fugger die Konzernzentrale aus dem damals überwiegend protestantischen und ihm folglich feindlich gesinnten Augsburg in das für ihn sicherere habsburgische Tirol verlegt. Von Schwaz aus finanzierte der katholische Augsburger Bankier und Montanunternehmer die Feldzüge Kaiser Karls V. gegen die Truppen der protestantischen deutschen Fürsten. „Daran erinnert sehr wahrscheinlich ein Gemälde im Kreuzgang des Franziskanerklosters […]. Ein Mann mit den Gesichtszügen Anton Fuggers greift in eine mit Goldmünzen gefüllte Truhe – wohl eine Anspielung auf jene Zeit, in der ein Fugger das Habsburgerreich vor dem Untergang rettete.“ (7)

 

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Das Fuggerhaus in Schwaz: Um 1525 ließen die Fugger das "Kreuzwegerhaus" in Schwaz erbauen. Ab 1539 wurde es zur Faktorei – und damit zur Zentrale der Bergbauaktivitäten der Augsburger Firma in Tirol.
Foto: Martin Kluger/context verlag Augsburg


Links und rechts des Gemäldes der „Anbetung Jesu“ sind die Wappen Erzherzog Ferdinands II. von Habsburg und seiner zweiten Gemahlin Anna Katharina von Gonzaga-Mantua abgebildet, wobei aber nicht überliefert ist, dass sie auch die Stifter gewesen wären. (8) Angesichts der Bedeutung Anton Fuggers und der Schwazer Faktorei für den Erhalt der Herrschaft der Habsburger spricht aber nichts dagegen, dass es sich beim „Schatztruhenhüter“ tatsächlich um den Augsburger Konzernlenker handelt. (9) Die aktive Rolle der Fugger bei der Ausgestaltung des Schwazer Klosterkreuzgangs ist sogar belegt: Denn dem „[…] besprochenen Bild gegenüber befindet sich das erste Bild der Freskenreihe (im Zeitraum 1512 bis spätestens 1528 entstanden und leider stark beschädigt) ,Aufbruch Christi nach Jerusalem’, ein Doppelbild, das durch die Tür der ,alten Pforte’ getrennt ist. Eine Rekonstruktion dieses Bildes ist nur durch ein identes Aquarell aus dem 17. Jh. möglich (siehe: Boris Lossky, „die Fresken im Kreuzgang des Franziskanerklosters zu Schwaz in Tirol, Wien 1951, Bild 4, o.S.). Dort wo jetzt der Türeingang ist, befindet sich auf dem unbeschädigten Aquarell ein Felsen und darauf vier Schilder (der Stifter?) > Die Katze der Katzbeck, der Bock der Fieger, ein Pelikan (unbekanntes heraldisches Emblem) und die Lilie der Fugger.“ (10)

 

Im heute slowakischen Banská Bystrica – in der vormals deutschen Bergstadt Neusohl – erinnert das Thurzo-Haus an den Ungarischen Handel der Fugger. „Im Jahr 1526 traten die Thurzo ihre Anteile am Ungarischen Handel zwar an die Fugger ab, die dann noch 20 Jahre lang den Erzabbau in den Bergen um Neusohl und die Seigerhütten bei Neusohl weiterbetrieben. Doch bis heute wird der Sitz der Faktorei der Fugger-Thurzo-Gesellschaft, des Ungarischen Handels, nach der Familie Thurzo benannt. Hans Thurzo hatte diesen Renaissancebau mit der Sgraffitofassade 1495 für die Gesellschaft erworben. Das vierstöckige Bauwerk beherbergt heute eine Ausstellung des Mittelslowakischen Museums, 
die sich auch dem Bergbau um Neusohl widmet. Im sogenannten Grünen Saal, im Tonnengewölbe des Thurzo-Hauses, sind Fresken zu sehen, die vermutlich
um 1480 entstanden. Neben dem Wappen der ungarischen Könige aus dem Haus Anjou und Corvinus sind hier florale Motive, biblische Szenen und Abbildungen 
von Szenen aus Äsop’schen Fabeln zu erkennen. Auf den bei Neusohl betriebenen Bergbau weist die Darstellung des heiligen Daniel als biblischer Erzfinder
 und Schutzpatron der Bergleute hin, die einen Bergknappen mit Schlegel und Eisen sowie ein Mundloch – den Eingang zu einer Erzgrube – erkennen lässt. Im Freskenzyklus ist auch die Schutzpatronin der Bergleute, die heilige Barbara, abgebildet. Der ebenfalls abgebildete heilige Georg galt als der Beschützer des Rammelsbergs bei Goslar: An diesem Bergwerk war Thurzo seit 1478 beteiligt [und von dort bezog auch die Seigerhütte in Hohenkirchen das Blei]. Der gleichfalls dargestellte heilige Eustachius gilt als Schutzpatron der Forstleute und Nothelfer gegen die Zerstörung der Natur: Holz für die Stempel in den Stollen und für die Öfen der Schmelzhütten war für die Montanwirtschaft unerlässlich. Die Fresken im Grünen Saal zeigen also vier ,Branchen-Heilige’ eines international operierenden Montanunternehmers.“ (11)

 

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Das Thurzo-Haus in Neusohl war der Sitz der Faktorei der Fugger-Thurzo-Gesellschaft. Der Renaissancebau mit der markanten Sgraffitofassade erinnert an den Ungarischen Handel der Fugger.
Foto: Martin Kluger/context verlag Augsburg


Auch zu weiteren Spuren der Fuggerfirma im slowakischen Banská Bystrica werden jetzt neuere slowakische Forschungsergebnisse (12) bekannt: So „[…] besaß die Fugger-Thurzo-Gesellschaft drei Häuser direkt am zentralen Marktplatz, um den sich der Ring mit den Häusern der Waldbürger – der Gewerken (Bergwerksbetreiber) in Neusohl – gruppierte. Das Thurzo-Haus war das sogenannte Mittlere Haus. Das Obere Haus wurde barock überbaut: Es ist bis heute nach der Familie der Augsburger Patrizierstochter Veronika Lauginger benannt, die 1479 Ulrich Fugger – den ältesten Bruder Jakob Fuggers „des Reichen“ – geheiratet hatte: Lauginger-Haus (Laugingerov dom). Mindestens einer von Veronikas Brüdern, die für die Fugger arbeiteten, scheint also auch für die Montangesellschaft in Neusohl tätig geworden zu sein.“ (13) Das Untere Haus wurde abgebrochen. (14)

 

„An die Fugger erinnert zudem die Kirche des Elisabeth-Spitals in Neusohl. Mit Geld der Fugger wurde der kleine Sakralbau (er ist heute das Gotteshaus der griechisch-orthodoxen Kirchengemeinde) 1524 nach einem Brand wieder aufgebaut. Die Fugger übernahmen damals von den Thurzo das Patronatsrecht.“ (15) Ob die Liliensymbole an den beiden schmiedeeisernen Torflügeln am Kirchenportal bis heute auf die Wappenlilien der Fugger verweisen, konnte bislang noch nicht geklärt werden. Unwahrscheinlich ist es nicht, wenn man weiß, wie selbstverständlich sich die Fugger jahrhundertelang in und an ihren Patronatskirchen und Grabkapellen mit schmiedeeisernen Liliensymbolen an Eingangs- und Kapellengittern sowie des Öfteren sogar an den Zeigern der Kirchturmuhren verewigten.

 

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In der Altstadt unter dem Zwölferturm – einem Wahrzeichen des "Fuggerstädtchens" Sterzing – findet man etliche sogenannte Erzstufen: Erzbrocken, die über Portalen eingemauert sind und daran erinnern, dass das Haus einst einem Bergwerksunternehmer gehört hat. Die Bergbauvergangenheit der Stadt erleben Besucher heute im Südtiroler Landesmuseum Bergbau.
Foto: Martin Kluger/context verlag Augsburg


Anmerkung: In der Herbstausgabe 2018 des Magazins „top schwaben“ (Ausgabe 63, 16. Jahrgang) erscheint der fünfseitige Beitrag „Die Fugger waren die ,Krupps der Frühen Neuzeit’. Die ,Europäische Fuggerstraße’ führt ab 2019 nach Tirol, in die Slowakei und natürlich nach Augsburg“. Die Website der „Europäische Fuggerstraße“ ist ab Frühjahr 2019 im Netz.

(1) Vgl. Mutschlechner, Georg: Der Fuggersche Bergwerkshandel in Südtirol anno 1656, http://www.sagen.at/doku/bergbau/Bergwerkshandel_Suedtirol.html, letzter Zugriff: 01.10.2018

(2) Vgl. Kalus, Peter: Die Fugger in der Slowakei, Augsburg 1999, Materialien zur Geschichte der Fugger Bd. 2, S. 64

 

(3) Vgl. ebenda, S. 58 f.

 

(4) Vgl. ebenda, S. 58

 

(5) Vgl. Hadry, Sarah: Die Fugger in Kirchberg und Weißenhorn. Herrschaftsverfasung und Leibeigenschaft, Konfessionalisierung und Residenzbildung, Materialien zur Geschichte der Fugger Bd. 5, S. 27

 

(6) Darstellung unter https://www.zi.fotothek.org/VZ/ort_index/Schwaz/Franziskanerkloster, letzter Zugriff: 16.09.2018

 

(7) Kluger, Martin: Zwei Fuggerhäuser und die „Mutter aller Bergwerke“. In der Tiroler Bergbaustadt Schwaz: drei Epitaphe der Fugger und ein Fuggerdenkmal, unveröffentlichtes Manuskript für die Website der „Europäischen Fuggerstraße“, Juli 2018

 

(8) Vgl. Spiss, Egon: freundliche Mitteilung mit E-Mail vom 17. Juli 2018, 21.46 Uhr

 

(9) Vgl. ebenda

 

(10) Ebenda

 

(11) Kluger, Martin: Zwei Fuggerhäuser und die „Mutter aller Bergwerke“. In der Tiroler Bergbaustadt Schwaz: drei Epitaphe der Fugger und ein Fuggerdenkmal, unveröffentlichtes Manuskript für die Website der „Europäischen Fuggerstraße“, Juli 2018

 

(12) Sklenka, Vladimír: „Die der Thurzo-Fuggerschen Gesellschaft gehörenden Häuser in Banska Bystrica“, unveröffentlichtes Manuskript, 2009

 

(13) Kluger, Martin: In Neusohl begann der Aufstieg des Montankonzerns der Fugger. Am silberhaltigen Kupfererz aus Oberungarn gewannen die Fugger ein riesiges Vermögen, unveröffentlichtes Manuskript für die Website der „Europäischen Fuggerstraße“, August 2018

 

(14) Vgl. Sklenka, Vladimír: „Die der Thurzo-Fuggerschen Gesellschaft gehörenden Häuser in Banska Bystrica“, unveröffentlichtes Manuskript, 2009

 

(15) Kluger, Martin: In Neusohl begann der Aufstieg des Montankonzerns der Fugger. Am silberhaltigen Kupfererz aus Oberungarn gewannen die Fugger ein riesiges Vermögen, unveröffentlichtes Manuskript für die Website der „Europäischen Fuggerstraße“, August 2018, siehe dazu Kalus, Peter: Die Fugger in der Slowakei, Augsburg 1999, Materialien zur Geschichte der Fugger Bd. 2, S. 56 f. sowie ausführlich S. 227 ff.